Am 01. September trat der neue Mietspiegel der Stadt Bonn in Kraft. Eine leichte Steigerung der m²-Preise zur letzten Aufstellung aus dem Jahre 2018 ist festgelegt worden. Viele kompetente Menschen haben sich Gedanken gemacht, die Stadt, Vertreter des Mieterbunds, von Haus & Grund, wissenschaftlich begleitet vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt. 10.000 Wohnungen wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, deren Vermieter und Mieter wiederum einen 16-seitigen Fragebogen ausfüllen sollten. 50 Interviewer schwärmten danach aus, um die Angaben zu ergänzen und zu verifizieren.

Ein enormer Aufwand, nur leider wird die ganze Aktion künftig nur geringe Auswirkungen auf den realen Mietmarkt in Bonn haben so wie der Mietspiegel aus 2018 wenig Einfluss auf die aktuellen Mietpreise hat. Um es vorweg zu sagen: Der größte Teil der Vermieter verlangt faire Mietpreise, aber leider ist zunehmend die Tendenz zu beobachten, durch einfache Maßnahmen ein Vielfaches des im Mietspiegel angegeben Preises zu erzielen. Das Zauberwort heißt „Möblierung“ und ist auch in Kombination mit „Wohnen auf Zeit“ der absolute Renner. Dabei ist die Rechtslage eindeutig, laut einem Urteil des LG Berlin darf der Zuschlag auf eine möblierte Wohnung 2 % des Zeitwerts der Möbel betragen. Beispiel: die neue Möblierung hatte einen Neuwert von 3.000 €. Bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren (3.000 x 2/100) können somit 60 € monatlich auf den Mietpreis aufgeschlagen werden; sind die Möbel schon länger in Gebrauch, so reduziert sich der Aufschlag um den Faktor der Restnutzungsdauer. Das Urteil stammt übrigens aus dem Jahre 2003, wahrscheinlich erinnert sich niemand mehr daran, wie die aktuelle Datenlage deutlich demonstriert: Im Dezember werden auf dem freien Mietmarkt (Immoscout und Immowelt) im Bonner Stadtgebiet 725 Wohnungen angeboten, davon 45 % als möblierte, teils in Kombination mit „Zeitwohnen“, vor ca. 2 Jahren waren es in Bonn noch 38% (In Berlin werden aktuell 66 % des Angebot als Möbliert-Wohnungen angeboten). Also fast die Hälfte der Angebote stehen dem hiesigen Mietmarkt de facto nicht oder zu schlicht unbezahlbaren Konditionen zur Verfügung, weil die Preise weit über dem Mietspiegel liegen. Unser derzeitiger Favorit ist ein 17 m² großes, vollmöbliertes WG-Zimmer in der Südstadt mit Terrassennutzung inklusive aller Nebenkosten für unschlagbare € 49,70 pro m².

Statt über Mietpreisbremsen oder Mietendeckel nach Berliner Vorbild nachzudenken, wäre es zumindest ein Anfang, den Mietspiegel auch auf möblierte Wohnungen anzuwenden. Aber wir gehen davon aus, dass auch in den nächsten Jahren die Landesregierung zu diesem Thema schweigen wird.

Bernd Viebach