In Deutschland gibt es ca. 4 Millionen Privatvermieter, die etwa 60% des vorhandenen Wohnraums vermieten und einen Anteil von etwa 5% an der deutschen Gesamtbevölkerung ausmachen. Für die meisten Privatvermieter ist die Vermietung nur ein Zubrot oder eine Absicherung für das Alter. 45% erzielten Nettoeinkünfte von 0 bis 4.999 €, nur bei 19% lagen die Nettoeinkünfte bei über 10.000 €, wohlgemerkt per anno. Privatwirtschaftliche Unternehmen wie Immobilienfonds und Immobilien AGs spielen im ländlichen Bereich kaum eine Rolle, in wenigen Ballungsräumen (Berlin, München, Hamburg) beträgt ihr Anteil etwa 24% der Mietobjekte. Privatwirtschaftliche Unternehmen stehen jedoch im Zentrum einer Debatte, die seit Jahren weniger pragmatisch, denn ideologisch getrieben und immer wieder, z.B. durch den Berliner Volksentscheid, angeheizt wird. Vordergründig werden zu hohe Mieten und fehlender Wohnraum angeprangert, aber, das Beispiel Berlin zeigt es deutlich, es geht hier um mehr. Es wird auch nicht hinterfragt, was die Gründe für die tatsächlich bestehenden Missstände sind, die sich gerade am Beispiel Berlin aufzählen lassen:

  • seit einigen Jahrzehnten wurden nur wenige neue Sozialwohnungen errichtet, dafür viele an Investoren verkauft, um die klammen Kassen zu füllen. Zudem lief die Sozialbindung bei zahlreichen Wohnungen aus.
  • Da Berlin arm, aber sexy ist, ziehen vor allem „Kreative“ aus der gesamten Republik in die Hauptstadt. Sie mögen sich für sexy halten, sind aber in erster Linie nicht unbedingt finanziell gut aufgestellt. Gleichzeitig beanspruchen diese Gruppen jedoch preiswerten Wohnraum in den angesagtesten Quartieren.
  • Bebaubare Flächen sind ausreichend vorhanden, werden jedoch nicht als Bauland ausgewiesen oder von Bürgerinitiativen verhindert. Ein Beispiel ist das 355 Hektar große Tempelhofer Feld, dessen Bebauung 2014 durch ein Volksbegehren gestoppt wurde. Preiswert wohnen, aber Naherholung in unmittelbarer Nähe, wer in Berlin alles will, bekommt es auch.

Es gibt zahlreiche weitere Gründe für fehlenden Wohnraum in Berlin, die Detailfragen sind jedoch längst von ideologischen Grundsatzdebatten überlagert worden. Im Kern wird, zumindest in der Hauptstadt, die Systemfrage gestellt, als Beispiel mag das Bürgerbegehren zur Enteignung der „Deutsche Wohnen“ gelten, welches am Tag der Bundestagswahl wohl eine deutliche Mehrheit erhalten wird.

Sollte es bei der Wahl am 26. September bundesweit zu einer ähnlichen Regierungskonstellation wie in Berlin kommen, würde dies für Immobilienkonzerne, aber in der Folge auch für Privatvermieter, zu erheblichen Konsequenzen führen. Der Immobilienverband Deutschland (IVD) hat daher die einzelnen Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien zu wohnungs- und baupolitischen Fragestellungen zusammengefasst und bewertet, in der Folge listen wir die wichtigsten Punkte der einzelnen Parteien auf und erlauben uns kurze Kommentierungen:

Mietrecht:

Die CDU/CSU äußert sich nur sehr allgemein, federführend war wahrscheinlich Herr Laschet, kurz vor der Mittagspause: der beste Mieterschutz sei ausreichender Wohnraum, rechtlich fragwürdige und ungeeignete Eingriffe wie der Mietendeckel werden abgelehnt.

Die  FDP-bleibt ebenso wenig konkret, hier heißt es lapidar:

  • Mietpreisbremse abschaffen, bundesweiten Mietendeckel verhindern

Die AfD scheint bei CDU und FDP abgeschrieben zu haben, dort meint man:

  • Mietpreisbremse, Mietendeckel und andere Regulierungen des Mietmarkts werden abgelehnt.

Das ist nun wirklich dürftig, was CDU, FDP und AfD zur Zukunft des Mietbestands in Deutschland zu sagen haben. Das erinnert eher an „Weiter so“ oder „Keine Experimente“. Konkreter werden jedoch alle, wenn es zu weiteren wohnungspolitischen Fragen kommt (s.u.), doch betrachten wir zunächst die Ideen, die die Parteien links der Mitte haben:

Zunächst die SPD:

  • Mietenmoratorium in angespannten Wohnlagen. Mietenerhöhung nur noch im Rahmen der Inflationsrate zulässig
  • Modernisierungsmieterhöhung auf maximal 4 Prozent begrenzen
  • Mietpreisbremse entfristen
  • Bemessungszeitraum von Mietspiegeln auf acht Jahre verlängern
  • Qualifizierten Mietspiegel bundesweit nach einheitlichen Kriterien ausgestalten
  • Gewerbemietpreisbremse einführen
  • Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen entfristen, Vorkaufsrecht für Kommunen stärken

Frau Eskens und Herr Kühnert klatschen begeistert in die Hände. Immerhin wird das Wort „Enteignung“ nicht genannt, was ja auch die SPD in Berlin tunlichst zu vermeiden sucht. Ob diese Vorschläge Vermieter begeistern werden, darf bezweifelt werden und über hohe Inflationsraten wird sich wohl auch niemand freuen.

Aber jetzt wird‘s richtig gruselig und man muss sich fragen, welche Genossen oder Innen bei der LINKE wohl die Feder geführt hat?

  • Bundesweiten Mietendeckel für Wohnen und Gewerbe einführen, Rekommunalisierung, Vergesellschaftungsgesetz (Wohnungskonzerne)
  • Mietspiegelberechnung mit allen Mieten der betreffenden Gebiete, für Städte generell Mietspiegel verpflichtend
  • Milieuschutzgebiete, Umwandlungsverbote ausweiten. Regeln für Eigenbedarfskündigungen verschärfen, mehr Kündigungsschutz
  • Share-Deal-Verbot. Entzug der Zulassung für Immobilienfonds. Gewinne durch private Immobilienverkäufe höher besteuern
  • Besetzung von zweckentfremdetem Wohnraum legalisieren. Recht auf Mietstreik
  • Modernisierungsmieterhöhung nur noch in der Höhe, in der Energieeinsparungen zu verzeichnen sind.

Tja, da runzeln Vermieter wohl die Stirn und denken ernsthaft über Spontanverkäufe sowie die anschließende Flucht nach Österreich nach, noch bevor Herr Kurz die Grenzen schließt. Freuen können sich über solche Vorschläge wohl nur Hausbesetzer und Mietnomaden, diese dürfen dann dafür streiken, weiterhin keine Miete zu zahlen.

Aber so schlimm wird’s wohl nicht werden, das gibt‘s ja immerhin noch B 90/Die Grünen:

  • Mietobergrenze im Bestand durch Bundesgesetz
  • Mietpreisbremse entfristen und schärfen
  • Reguläre Mieterhöhungen maximal 2,5% pro Jahr des Mietspiegels
  • Modernisierungsumlage auf maximal 1,50 € pro qm senken
  • Mietaussetzung bei krisenbedingten Einkommensausfällen
  • Umwandlungsverbot und Milieuschutz ausweiten
  • Mietwucher, Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum ahnden
  • Anteilige Besteuerung des Immobilienbesitzes bei Share Deals

Leider beschränkt sich die Empathie der Grünen nur auf Mieter:innen, was aber nicht weiter verwunderlich ist. Zu fragen ist, wer denn noch in energetische Verbesserung von Gebäuden investieren soll, immerhin ein Kernziel der Partei.

Die dezidiert eigentumsfeindlichen und dirigistischen Intentionen von SPD, Grünen und Linkspartei lassen sich auch auf allen Feldern der Wohnungspolitik betrachten, wobei einige Vorschläge durchaus vernünftig erscheinen. Das IVD-Papier behandelt auch die Wahlprogramme zu den Bereichen Wohnungsbau, Bauland, Umland / Sozialwohnungen, Wohngeld, Wohngemeinnützigkeit / Baurecht / Förderung von Wohneigentum / Klimaschutz, Energiewende / Stadtentwicklung, Innenstädte, Städtebauförderung und Geldwäsche.

Wer schon jahrzehntelang die Wahlprogramme der Parteien verglichen hat der weiß im Normalfall eines: nach den Koalitionsverhandlungen wurden zumeist Kompromisse gefunden, aber in der Vergangenheit waren es immer teils vernünftige, teils verbesserungswürdige Kompromisse zwischen CDU/CSU, SPD, Liberalen und Grünen, es herrschte eine gesunde Balance zwischen Konservativen und Linken und auch die Ära Schröder/Fischer war größtenteils von Vernunft geprägt und nicht von Ideologie. Diese Balance wäre bei einer Koalition von Rot-Grün-Rot nicht mehr gegeben, da Teile aller drei Parteien in zunehmendem Maße antikapitalistisch und marktwirtschaftsfeindlich argumentieren. Der Begriff des privaten „Eigentums“ wird zunehmend diskreditiert, stattdessen soll der Staat es richten, in fast jedem Lebensbereich und das erst 32 Jahre nach dem unrühmlichen Ende des Sozialismus‘. Dazu passt auch ein Zitat von Kevin Kühnert aus einem Interview mit der „Zeit“, welches eindrucksvoll dokumentiert, wie ideologiegetrieben große Teile der Parteien links der Mitte mittlerweile sind:

„Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt“.

Bernd Viebach